Stockwerkjazz 25nd Anniversary

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editorial 1/2024

Zum Jubiläum

Längst pfeifen es die Dachdecker von den Häusern: Im Stockwerk feiern sie im Herbst ihr 30jähriges Betriebsjubiläum! Insider wissen sogar, dass es am 4. Dezember 1994 war, als im Haus am Jakominiplatz alles mit einer Big Band begann. Aber das Feiern ist nicht so unsere Sache, das überlassen wir lieber der Unterhaltungsschwerindustrie. Auch wollen wir nicht um das Geld, das wir nicht haben, das kaufen, was wir nicht brauchen, nur um jene zu beeindrucken, die uns immer alles nachmachen.

Bislang glich unser Frühjahrsprogramm ja eher der sprichwörtlichen Ruhe vor dem herbstlichen Sturm, und auch die bevorstehenden Wochen bis zur Sommerpause sind nicht gerade das Dichteste vom Ei. Höchstens das Gelbe, wie etwa die beiden Highlights mit Marilyn Crispell (25. April) oder Marta Sanchez (5. Juni), der Grand Dame und der Senkrechtstarterin im kontemporären Jazz. Wir hatten also schon weitaus dichtere Frühlingskollektionen. Das hat seine Gründe.

Wir haben unsere Mission hinterfragt, analysiert und überlegt, wie man ein Jubiläum ohne die drei R (Rauch, Rausch, Raketen) über die Bühne bringen und trotzdem Eindruck und nachhaltige Werbung für die nächsten 30 Jahre machen kann. Und wie wir uns auch weiterhin gern an erleuchtende Konzerte erinnern und auf künftige freuen können. Denn „die Vergangenheit ist immer schön, ebenso wie die Zukunft“, heißt es irgendwo in Michel Houellebecqs Unterwerfung, „nur die Gegenwart schmerzt, nur sie trägt man in sich wie einen schmerzhaften Abszess, den man zwischen zwei Unendlichkeiten stillen Glücks nicht los wird“.

Gewiss, es kommen ein paar edle Gäste von Rang und Namen wie etwa Fred Frith, Steve Coleman oder Michael Sagmeister, das liegt schon in der Natur der Sache und der Faszination der Meisterklasse. Also frei nach Oscar Wilde, der einmal gestand, „einen einfachen Geschmack“ zu haben, weil er „mit dem Besten zufrieden“ sei. Allein, es ist vielmehr die konkrete Mission, der besondere Auftrag also, den wir von unseren öffentlichen Subventionen ableiten, jener Wille zur Gestaltung, der außerhalb von Angebot und Nachfrage steht. Der dann auch richtig Spaß macht, wenn man etwa handverlesenen Entdeckungen, jungen Verdächtigen oder unterrepräsentierten Frauen ein ordentliches Publikum bieten kann. Davon handelt das Jubiläumsprogramm im Herbst. Das kann man sich aber erst leisten, wenn das Profil greift.

Otmar Klammer

 

 


 

editorial 2/2023

„Wir Verbraucher“

Liebe Damen und Herren,

es ist Zeit, es ist wieder einmal Zeit, ein ernstes Vorwort miteinander zu reden.
Alles wird teurer. Wir nicht! Warum?
Sie kennen gewiss die Verständigungen ihres Vermieters, Ihres Energielieferanten, Ihrer Bank, Ihres Bierlieferanten, ja sogar der Zeitung ihres Vertrauens usw., die mit der „Anpassung“ an die Preiserhöhungen davon ablenken wollen, dass sie eigentlich alles wie immer sorgfältig und freundlich an den sogenannten Endverbraucher (kurz Verbraucher) weitergeben wollen. Müssen würden sie ja nicht, aber sie wollen ja nicht selber einmal etwas leiser treten. Sie wissen ja, das ewige jährliche Umsatzplus der in die Jahre gekommenen spätkapitalistischen Wirtschaftsordnung!
Der Verbraucher sind im Allgemeinen wir. Wir konjugieren das jetzt einmal gemeinsam: Ich verbrauche, Du verbrauchst, er, sie, es verbraucht, wir verbrauchen, ihr verbraucht, sie verbrauchen. Sehr gut, setzen!
In unserem Fall sind aber Sie der Verbraucher. Und wir sind der Zwischenhändler. Sie verbrauchen unsere Konzerte, indem Sie dafür Eintritt bezahlen.
Weil wir aber als notorische Verbraucher selbst wissen, wie das ist, wenn man immer der Letzte ist, steht es uns diesmal nicht in dem Sinn, Sie als Letzten in der Wirtschaftskette einzustufen. Also geben wir unsere erhöhten Kosten nicht an Sie weiter. Wir können es uns leisten. Wir können es uns leisten, weil wir von Stadt, Land, Berg mit dem Steuergeld der Verbraucher gefördert werden. Sie zahlen also Steuern u. a. auch dafür, dass Sie uns verbrauchen dürfen. Dass Sie also dafür bezahlen, was Sie schon einmal bezahlt haben.
Also da machen wir diesmal nicht mit!
Wir machen dafür weniger, aber umso wichtigere, größere und schönere Konzerte. Größere Sachen kosten aber in der Regel mehr, das liegt in der Natur der Sache. Deshalb machen wir wiederum ein bisschen weniger von der Schlagzahl her. Das schont nicht nur unsere Nerven und unseren persönlichen Energiehaushalt, sondern auch unsere Mitbewerber, wie das in der Politik immer so euphemistisch heißt. Und dann gehen wir in die frische Luft.

Otmar Klammer

 

 


editorial 1/2023

Früh übt sich

Bevor wir 30 Jahre alt werden, wollen wir zwischendurch schon einmal für das Jubeljahr 2024 ein bisschen üben. Also sprachen wir und haben in einem Anfall von Spielsucht und Spendierfreudigkeit gleich eine ganze Reihe echt prominenter Musiker bzw. Bands ins Haus am Jakominiplatz bestellt. Damit Sie eine leise Ahnung haben, wie unser Geburtstagsparcours alsdann aussehen könnte.

Die Highlights im ersten Halbjahr sind nun neben dem Saisonauftakt mit dem Dave Douglas Quintet (18. Jänner) das Luxustrio Larry Goldings - Peter Bernstein - Bill Stewart am 21. Februar (oje, Faschingsdienstag!), das Fred Frith Trio im Rahmen der langen grazjazznacht am 24. März und das wilde Tiger Trio mit der elitären wie berühmten Frauenrunde am 19. Mai. Den Vogel schießen wir diesmal aber in der Südsteiermark ab, wohin wir in einer erstmaligen Kooperation mit dem Greith-Haus die Orgelcombo mit Marc Ribot & The Jazz Bins (23. April) auf ihrer ersten Europa-Tour umleiten.

Neu im Programm haben wir die Session-Reihe Groovin´ High mit Professoren und Studenten des Jazzinstituts der Kunstuni Graz, die nach einer Pilot-Session im Jänner ab März regelmäßig jeden zweiten Dienstag über unsere Bühne gehen wird. Hinter dieser Mission stecken die engagierten Hoffnungsträger Valerie Costa und Tanja Filipović (beide Jazzgesang) sowie Max Glanz (Jazzsaxophon). Da sind wir freilich schon sehr gespannt, wen uns die jungen Leute da so ins Haus liefern.

Und schließlich haben wir diesmal auch wieder Platz für unsere so beliebten wie exklusiven Dichterworte geschaffen. Dazu haben wir den amtierenden Grazer Stadtschreiber Abdel Baraka Sakin eingeladen, unser Sortiment mit einer exquisiten musikalischen Wortspende zu verzieren.

Otmar Klammer

 

 


 

editorial 2/2022

Nach der Dürre

Aus unserer Praxis. Der Warteraum ist gedroschen voll, alle haben ein neues Anliegen. Wir tun, was wir können, aber die Sprechstunden sind bis oben hin zugepflastert und der Terminkalender ist bis Jahresende längst ausgeschöpft. Über 80% der Vorgemerkten sind allein alte Kandidaten aus der Zeit vor jener Pandemie, die dieser Tage wieder fröhliche Urständ´ zu feiern scheint. Mit oder ohne E-Card, wir beantworten jede Anfrage, die uns persönlich erreicht, aber auch da ist die zumutbare Grenze von mindestens hundert (sic!) pro Woche schon erreicht. Und wie viele Wochen hat so eine Saison? Gut, wir geben zu, dass wir teilweise bereits vorgefertigte Antworten in die schriftlichen Anfragen hineinkopieren, aber was soll´s, der Befund stimmt ja. Nichts geht mehr, vielleicht ab März nächsten Jahres wieder. Das kann man persönlich ausrichten oder eben in Schablonen wiedergeben.

Wohlwollenden Beobachtern wird schon aufgefallen sein, das hier nicht aus der Praxis von Dr. Sommer geplaudert wird, sondern aus unserem Büro in Augartennähe, wo schon seit Wochen unbarmherzig verlockend die Sonne regiert. Derweil wir uns durch die organisatorischen Folgen von Corona kämpfen. Musiker, Manager und Agenturen sonder Zahl sind wie der Frühling im Augarten erwacht, haben neue Projekte, Bands oder Nerven gefunden. Musikerinnen, Managerinnen und Agentinnen in fast gleichem Maße. Wie gesagt, wir tun, was wir können. Aber wir können nicht mehr tun, als wir können. In den beiden zurückliegenden Corona-Jahren haben sich Unmengen an Nachtragskonzerten aufgestaut, sind neue Projekte im Schutz der Lockdowns entstanden und stehen unendlich viele Musiker - ja eh, natürlich auch Musikerinnen - nach der langen Dürre vor lauter unbändigem neuen Tatendrang knapp vor dem Platzen.

Das hat uns unter anderem auch dazu veranlasst, unser Frühjahrsprogramm zu verlängern und mit einer eigenen Juni-Ausgabe noch einen weiteren Programmfolder vor dem Sommer einzuschieben (erscheint circa am 31. Mai). Mehr geht nicht, mit dem dichtesten Herbstprogramm unserer Geschichte stoßen wir dann sowieso an unsere Grenzen.

Wir wären aber nicht in Österreich, wenn´s dabei nicht auch etwas zum Feiern gäbe. So wird Ihnen auf den nächsten Seiten vielleicht auffallen, dass das Styrian Improvisers Orchestra, ohnehin seit Jahren unregelmäßiger, aber verlässlicher Sondergast im Stockwerk, bis zur Sommerpause gleich viermal zu hören, oder noch besser, zu sehen sein wird. Anlassfall ist der auch schon wieder 10. Geburtstag des illustren Musikerkollektivs rund um Annette Giesriegl und Seppo Gründler, der zu feiern mit Stargästen am Schauplatz seines historischen Bühnendebüts geboten scheint.

Otmar Klammer
In den Iden des März 2022

 

 


editorial 1/2022

Werte Damen und Herren, liebe Freunde,

es ist Zeit, wieder einmal ein ernstes Vorwort miteinander zu reden. Vorworte haben nämlich die angenehme Eigenschaft, einem Text oder einem Programm vorangestellt zu sein. Sodass im Nachhinein niemand kommen kann und sagen, wir hätten das nicht gesagt.
Lesen muss man´s halt.
Zum Beispiel, dass uns nicht die Lust vergehen wird, Konzerte zu verschieben, wenn es notwendig ist. Ach, was haben wir in den vergangenen einfünfsechstel Jahren coronabedingt schon hin- und herverschoben. Bald schon begehen wir das zweijährige Verschiebungsjubiläum.
Aber wir haben im Moment noch andere Herausforderungen anzunehmen, gegebenenfalls auch zu lösen.
Auf Grund der zur Drucklegung noch geltenden Sperrstunde von 22 Uhr haben wir den Beginn der Jänner-Konzerte um eine halbe Stunde vorverlegt, also auf 19:30. Oder halbacht, wie der Österreicher sagt. Somit sollte sich also jeweils ein langes Set ausgehen, vielleicht auch zwei kurze. Und dann raus!
Wie das im Februar und März aussehen wird, wissen wir noch nicht. Werden Sie daher bitte nicht ungehalten, wenn wir kurzfristig wieder reagieren müssen und Sie das erst aus der Zeitung oder von den Spatzen erfahren. Unsere HP gibt aber immer verlässlich Auskunft.
Lesen muss man´s halt.
All das, was wir in diesem Programmfolder so frohlockend hinausposaunen, kann schon bald wieder Schnee von vorgestern sein. Zwar ist unser Programm bis Ende Juni, also bis zu unserer Sommerpause, fix und fertig. Und es sind sehr viele Konzerte! Trachten Sie uns aber bitte nicht nach dem Leben, wenn Sie sich dann auf das eine oder andere zu früh gefreut haben. Wir sind bei unseren Planungen nämlich nicht nur von den jeweiligen Omicron- vulgo Corona-Maßnahmen der Regierung abhängig, sondern auch von unseren internationalen Partnern und Kollegen.
So sind etwa von der von langer Hand geplanten Europa-Tournee der Nu Band aus NYC omicronbedingt zu viele Veranstalter in anderen Ländern abgesprungen, womit das Unternehmen irgendwann unfinanzierbar wurde. Immerhin konnten sich dann aber alle ungewöhnlich schnell zu einer Verschiebung auf fast dieselben Termine im nächsten Jahr einigen (Das für 10. Februar 2022 im Stockwerk geplante Konzert wurde auf den 9. Februar 2023 verschoben).
Solche Fragezeichen stehen erst recht noch hinter einigen unserer längst für den Herbst geplanten Konzerte. Aber wer denkt schon an den Herbst 2022?
Haben Sie also Nachsicht mit uns, wenn wir da oder dort zu viel Vorfreude hervorgelockt, zu viel Familienplanung durcheinandergewirbelt und überhaupt zu viel versprochen haben sollten. Es wird schon werden. Auf alle Fälle sollten Sie immer alles brandaktuell auf unserer Webside finden.
Lesen muss man´s halt.

Coda: Komisch, warum wir uns die Zahl Pi schon unser ganzes Leben bis auf die vierte Kommastelle genau gemerkt haben. Nicht für die Schule, für´s Leben lernten wir!
Ps.: Diese Bemerkung versteht in fünfzig Jahren niemand mehr.

Obmann Klammer

 

 


editorial 1/2021

Dichter und Vorgänger

Während wir uns diese Zeilen gönnen, wissen wir eigentlich nicht ganz genau, was uns nächste Woche erwartet. Oder gar die übernächste, und vor allem die Woche danach. Undsoweiterundsofort.
Das erinnert uns nahezu mit kongruentem Entsetzen an die Situation vom Vorjahr, in der wir frohlockend ein schönes Herbstprogramm hinausposaunten, das dann mit dem Martin Philadelphy Quartett am 2. November auch schon wieder sein jähes Ende fand. Lockdown.
Aber mehr als so zu tun, als wäre alles normal, können wir nicht tun.

Das diesjährige Herbstprogramm kumulierte dann folglich zu einer Dichte, die uns in einem Anfall von Intelligenz die Idee eröffnete, in Abänderung unserer Gewohnheiten gleich zwei Programmfolder für diesen Zeitraum herauszubringen.
Wovon Sie nun eben den zweiten Teil in der Hand halten, der die beiden letzten Monate des Jahres umfasst. Dichter als je zuvor.
Apropos Dichter, für unsere beliebte Reihe „Schriftsteller exklusiv zum Thema, aber explizit nicht für´s Internet“ hat uns diesmal der regierende Grazer Stadtschreiber Florian Neuner mit einer sprudelnd wortreichen Improvisation aus dem Cerrini-Schlössl versorgt.
Die Liste dieser handverlesenen Wortspender hat mittlerweile ohnehin einen Umfang erreicht, der uns wohl bald dazu veranlassen wird, das Ganze in einem kleinen, hübsch illustrierten Kompendium unter die Leute zu bringen.

Mit dem erwähnten frühzeitigen Ende des Herbstprogramms 2020 hat sich auch leider unser Weihnachtskonzert mit dem Halleluja Ensemble erübrigt. Das ist nun im Nachhinein umso bedauerlicher, da es posthum ohnehin das letzte gewesen wäre. Denn nach dem plötzlichen Lebensende des spiritus rector und Freundes Heimo Puschnigg im Juni haben wir auch die Idee des traditionellen Konzertes in dieser Form zu Grabe getragen.
Das Konzept für unsere Weihnachtskonzerte, die seit hundert Jahren immer am letzten Samstag vor jenem 24. Dezember stattfinden, wird also ein neues sein. So wird heuer die feierliche Liturgie vom bekannten österreichischen Quartett Plasmic vorgenommen, eine Formation, die zumindest von der Besetzung her schon einmal ganz im Sinne des Vorgängers ist. Fröhliche Weihnachten!

Otmar Klammer

 


editorial 2/2020

Sitzplätze

Woher diese leeren Theater“, fragte einst Karl Valentin in seinen Zwangsvorstellungen. Und fand heraus, dass das „nur durch das Ausbleiben des Publikums“ sein könne. Schuld daran sei der Staat. Also, „warum wird kein Theaterzwang eingeführt?“, lässt er nicht locker. Denn wenn jeder Mensch ins Theater gehen müsste, sehe die Sache gleich ganz anders aus, ähnlich dem Schulzwang. Denn „kein Schüler würde die Schule besuchen, wenn er nicht müsste“. Da ist was dran. „Ist das Theater nicht auch Schule, Fragezeichen!“

Um dem erwarteten Andrang auch standzuhalten, kommt Karl Valentin in diesen Zwangsvorstellungen irgendwann zum Schluss, dass bei einem Theaterzwang – nehmen wir einmal Graz her – bei rund 300.000 Einwohnern es zum Beispiel zehn Theater mit je 30.000 Sitzplätzen oder hundert mit 3.000 oder tausend mit 300 geben müsste. Oder schließlich 300.000 Theater mit je einem Sitzplatz.

Derlei Gedanken kommen uns in Corona-Zeiten unwillkürlich in den Sinn.
Zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Programmfolders dürfen wir im Stockwerk nur zwischen 35 und 45 Besucher einlassen, je nachdem, wie viele Menschen zu zweit, zu dritt oder maximal zu viert kommen und nebeneinander sitzen dürfen.

Und freilich haben wir schon darüber fantasiert, wann in Zeiten wie diesen der Knackpunkt kommt, wo auf unserer Bühne schon mehr Leute sind als im Publikum. Oder ob wir vielleicht bis zum Weihnachtskonzert gar nur mehr der Einzige sind, der sich das Halleluja Ensemble anhören darf. Gewiss gäbe es dann auch die Möglichkeit, hundert Weihnachtskonzerte in Folge für jeweils einen Besucher zu spielen, um insgesamt auf unser normales Sitzplatzkontingent zu kommen. Diese einsamen Hörer müssten dann halt jeweils 1.800 Euro an Eintritt hinlegen (ermäßigt 1.300).

Mehr darüber und vieles andere von Karl Valentin bringt uns der bekannte Schauspieler Wolfram Berger aus aktuellem Anlass und zum Jubiläum des Münchner Querkopfs am 28. November 2020 ins Haus am Jakominiplatz.

Einstweilen gilt für unsere Corona-Sitzplatzordnung: „Mögen hätt’ ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut“.

Otmar Klammer

 


 

editorial 1/2020

Jazz ist anders

Nach den kontrollierten biologischen Feierlichkeiten zu unserem 25. Betriebsjubiläum, einem dichten Konzertprogramm mit Jazzfrauen und einigen prominenten Free Jazz-Herren im vergangenen Herbst haben wir uns über die Tage zwischen den Jahren in Klausur begeben und sind in uns gekehrt.
Wir haben unsere Mission hinterfragt, gepriesen und getadelt und überlegt, wie´s weitergeht. Oder was zu tun ist, wenn´s einmal nicht mehr weitergeht. Zu Letzterem fiel uns etwa der legendäre Multisaxophonist Rahsaan Roland Kirk ein, der einmal den Wunsch äußerte, nach seinem Ableben eingeäschert, in einen Topf gefüllt und nach und nach von schönen Leuten geraucht zu werden. Das entbehrt nicht einer gewissen Sympathie.

Diese Gedanken, so dachten wir bei uns, hatte ein Sun Ra wohl nicht. „Ich“, so der poesieverliebte Orchesterleiter und Intergalaktische, „ich wollte nie Teil des Planeten Erde sein, und ich habe alles getan, um ihm nicht anzugehören“. Als wir den leibhaftigen Mythos weiland im goldenen Ornat bei einem seiner letzten Konzerte erste Reihe fußfrei zu Gesicht bekamen, hat er uns befremdlicherweise eine ganze Weile von seinem Orgelthron aus angestarrt, mit Augen wie Kohle. Das wollen wir nicht vergessen.

Auch haben wir uns in jener Klausur über gezieltere musikalische Maßnahmen Gedanken gemacht. Sollen wir Noten und Regelwerk aussetzen und es mit Volker Kriegel halten? Der da ungeniert behauptete: „Jazz vom Zettel ist voll Grütze“. Sollen wir wilder, abstrakter, urbaner, schräger und lauter werden? Also radikaler? Sollen wir sozusagen Archie Shepps „Jazz ist Freiheit“ und Jean Cocteaus „Nichts ist intensiv genug, es sei denn, es ist Jazz“ als identisch betrachtete Leitmotive hegen? Auf den Punkt gebracht hat das unser Musikphilosoph, der Saxophonist Paul Desmond mit seinem hehren Wunsche: „Ich möchte Saxophon spielen, aber ohne hineinzublasen!” Soweit muss man es als „Take Five“-Komponist erst einmal bringen! Aber das muss ein Jazzprogramm auch vermitteln können. Sonst hat am Ende des Tages gar noch Frank Miller recht, der einst bilanzierte: „Ich finde nicht, dass ein kleineres Publikum ein Zeichen von Klasse ist“. Wie auch immer, auf alle Fälle werden wir vom Soko Stockwerkjazz auch weiterhin Graham Collier auf unsere Fahnen heften:„Jazz geschieht in Echtzeit, nur einmal.“ Worauf Sie sich verlassen können. Weil „Jazz ist anders“ (Die Ärzte). OK

Otmar Klammer

 


 

editorial 1/2019

Nachwort

Gestern in einem Jahr werden es auch schon wieder 90 Jahre, dass uns Ornette Coleman geboren wurde. Daraus lässt sich für den virtuosen Mathematiker wie für den geölten Jazz-Archivar spielerisch leicht ableiten, wann dieses Vorwort geschrieben wurde.
Und weil auch die gesamte Erstellung dieses Programmheftchens meistens zu einer Zeit erfolgen muss, wo vielleicht noch nicht das letzte Wort des Evangeliums verlesen wurde, kann es vorkommen, dass wir in vorauseilender Beau Geste und unter Einsatz aller Hoffnung ein bisschen zu viel versprochen haben.
Worauf wir uns wiederum unter Einsatz aller finanziellen Mittel und Standleitungen bemühen, mit (mindestens) gleichwertigem Ersatz die geplatzte Einlösung dieser Versprechen zu vertuschen.

So begab es sich, dass wir in der Programmvorschau unserer letzten Ausgabe bedauerlicherweise gleich zwei Mal ins Blaue gehupt haben. Zum einen können wir anlässlich des UNESCO World Jazz Day am 30 April leider nicht das legendäre Ösi-Trio Depart abfeuern, sondern freuen uns trotzdem auf das glänzend besetzte Quartett MAU-SI.
Und das mit Spannung erwartete Debüt des NYC Trio der famosen Saxophonistin Angelika Niescier (das für den 31. Mai versprochen wurde) mussten wir tourneetechnisch in den kommenden Herbst verschieben. Dort passt es als Opener unseres Schwerpunktprogrammes womenInmontion am 9. November ohnehin wie von langer Hand geplant hinein.
Als Ersatz dafür haben wir uns endlich den universalgelehrten Saxophonisten Ivo Perelman geleistet, der mit seinem langjährigen Weggefährten Matthew Shipp am 21. Juni den Frühling verabschieden wird. Angesichts dieser Ersatzleistungen können wir leider nicht um Entschuldigung bitten. Danke für Ihr Verständnis!

Otmar Klammer

 


 

editorial 3/2018

Liebe Leute,

die immer angesagtere Klimaveränderung gebietet es, dass sich auch unsere Sommerpause immer mehr verschiebt bzw. verlängert.
Es mag zwar die Kraft der kollektiven Erinnerung steigern, ist aber nicht gerade zumutbar, wenn Sie bei 60 Grad im Schatten und 78% Luftfeuchtigkeit im Stockwerk um die Wette schwitzen, derweil in allerlei Hinterhöfen und auf Plätzen der Stadt die Frischluftfestivals und Gratiskonzerte toben.
Die gefürchteten Gewitterfronten der einen sind aber die erwünschten Klimaanlagen der anderen. Über lang oder kurz führt ja sowieso kein Weg daran vorbei, dass wir unser Wetter selber machen. Wir haben jedenfalls schon Gespräche mit der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) geführt, aus welcher Richtung wir die Erfrischung anfordern sollen und welche Klimawerte wir im Haus erreichen können. Frieren oder schneien soll´s halt nicht.
Wie auch immer, der Sommer wäre geschafft, aber der Jazztosteron-Spiegel ist an der Alarmgrenze. Wir müssen handeln!
Nach einer dreimonatigen (sic!) Sommerpause setzen wir also unsere Mission mit unbeugsamem Willen und blühenden Vorsätzen fort. Immerhin stehen wir auch schon am Anfang der Mitte der Vorbereitungen für unser 25-jähriges Betriebsjubiläum im November 2019. Und bis Anfang Juni ist unser Programm ohnehin schon längst im Kasten.
Lanciert wird derweil freilich nur unser Herbstprogramm, ein turbulentes Programm, das sich heuer zu einem überwiegenden Teil Musikern heimischer Provenienz widmet. Dieses Schwerpunktprogramm mit ganzen elf Konzerten (das sogar noch durch die dreitägigen Shortcuts der Jazzwerkstatt Graz ergänzt wird) kommt nicht von irgendwo, sondern ist einer ganzen Reihe von Projekten bzw. Bands geschuldet, die sich in den letzten Jahren regelrecht aufgedrängt bzw. auf unserer Wunschliste angesammelt haben.
Dazu passend gibt es am 5. Dezember das Pilotkonzert zu einer neuen Reihe mit der kleinen Filiale der Jazz Big Band Graz, die im nächsten Jahr unter dem Motto JBBG Smål und mit prominenten Gastsolisten die Grand Riserva aus dem Keller holen soll.

Coda.
Für unsere beliebte Reihe Schriftsteller und Dichter schriftstellern und dichten exklusiv für Stockwerkjazz, haben wir diesmal den syrischen Arzt und Poeten Tammam Jamoul gebeten, unseren Programmfolder aufzuwerten. Wie Sie vielleicht schon wissen, sind diese literarischen Beiträge im Gegensatz zu unserem Programm und den Rest der Welt explizit nicht im Internet zu finden. Vielleicht werden diese Worte Edelsteinen gleich einmal in Gold gefasst? Und überhaupt.

Otmar Klammer

 


 

editorial 2/2018

Liebe Leute,

der verwichene März war ein anstrengender Monat mit einem dichten Konzertkalender und unwirtlichen Außendiensten. Und die Routine will und will sich einfach nicht einstellen. Was zwar der Sache förderlich, dem Wohlbefinden aber eher abträglich ist. Frohsinn und Frühling sind anders.
„Ich habe den Blues“, hat uns vor vielen Jahren einmal Bert Stephan ins Notizbuch diktiert, „aber wer den Blues hat, hat auch den Trouble“. Das aber sei, so der Sänger der deutschen Rockband Dekadance weiter, „nicht so schlimm, weil – ich hab ja den Blues“.
Deshalb erscheint dieser unschuldige und anständige Programmfolder wieder im letzten Moment, d. h. pünktlich zum ersten Konzert im April.

Um mit diesem März abzurechnen, möchten wir Sie auch nochmals um Nachsicht bitten für die Absage des von langer Hand geplanten und mit Spannung und Freude herbeigesehnten Konzerts des US-Saxophonisten JD Allen und seinem Trio (14. März). Der Grund für die Absage der gesamten Tournee liegt - wie über all unsere Nachrichtendienste mehrfach ventiliert - im Dunkeln, ist aber - so viel steht fest - alleine beim Bandleader zu suchen.
Das ist uns in all den vielen Jahren noch nie passiert, Rufzeichen.

Linderung und Zuspruch finden wir da wieder einmal im Dichterwort.
Für unsere beliebte Exklusivreihe „Bekannte Schriftsteller schreiben über Jazz im Allgemeinen oder das Stockwerk im Besonderen“ hat uns diesmal Mathias Grilj mit einer Wortspende verpflegt. Eine Zierde für unser Sortiment, eine, die Sie nur auf den Seiten 12 und 13 unseres neuen Programmfolders (2/18) finden, aber wie immer ausdrücklich nicht im Internet!

Otmar Klammer

 


 

editorial 1/2018

Aufruf!

Zwischen den Jahren befiel uns irgendwann im Morgenschweiß eine teuflische Idee: Wir feiern!
Denn ohne Feiern kommt man heute ja zu nichts. Jedes auch noch so kleine Jubiläum, jeder noch so geringe Jahrestag muss gefeiert werden. Unter gewissen Szenelokalen und Lifestyle-Magazinen ist es sogar schon Mode geworden, ein einjähriges (1) Jubiläum zu feiern. Vielleicht, weil man nicht damit gerechnet hat, so alt zu werden?
Dagegen scheint es geradewegs altmodisch, dass es etwa der brave, „staatlich anerkannte Erholungsort“ Hollfeld vor kurzem wagte, sein tausendjähriges (1000) Jubiläum feierlich zu begehen. In der Schweiz mögen die Uhren anders gehen.

So haben wir nächtens eben lange überlegt, ob wir da mitmachen. Ob wir unser Licht unter dem Scheffel (© Jesus) hervorholen und es auf einen Kandelaber verfügen sollen, damit es den Menschen leuchte. Ob wir ganz eigennützig feiern sollen. Ob wir also unser 25-jähriges Betriebsjubiläum im nächsten Jahr großspurig unter Aufsicht der Jazzgeschichtsschreibung inszenieren sollen. Oder es unseren Nachfolgern überlassen sollen, erst zum Hunderter auf den Putz zu hauen.
Weil wir jetzt aber schon einmal diese teuflische Idee hatten, müssen wir mit der Vorbereitung auch rechtzeitig beginnen, um dann nicht wie die begossenen Pudel dazustehen.
Es geht um ein Buch, das wir machen wollen. Kein Buch zum richtigen Lesen, sondern eher zum Umeinanderblattln, also mehr zum Schauen. Und daher fangen wir schon einmal damit an, alles zu sammeln, was mit unserer Geschichte zu tun hat.
Deshalb haben wir uns unter Einsatz unserer eisernen Prinzipien zu einem Aufruf durchgerungen. Einen Aufruf an Sie, uns allerhand zu schicken, das Sie mit dem Stockwerk verbinden. Vor allem natürlich Fotos, da wir ja mit Freude beobachten konnten, wie sich in all den vielen Jahren die Jazzfotografen im Hause vermehrt haben. Ob mit Handy oder Profikamera geschossen, schicken Sie uns Ihre Bilder ohne Rahmen an die bekannte Adresse (stockwerkjazz@chello.at) oder per organischem Briefträger ins Haus. Aber auch andere Ihrer Souvenirs vom Stockwerk könnten wir zur Illustration gut gebrauchen, von Autogrammen über Noten, heimlichen Transkriptionen, persönlichen Sympathiebekundungen, Strafzetteln der Jazzpolizei, zerbrochenen Schlagzeugsticks und abgelutschten Saxophonblättchen bis zu Altkleidern oder Speiseresten werden wir alles gewissenhaft auf seinen Dokumentationswert prüfen. Ja, und unsere alte Kassa suchen wir auch noch.
Für jedes im nämlichen Buche veröffentlichte Foto oder Utensil gibt’s eine Freikarte für ein Konzert Ihrer Wahl.
Da hätten Sie dann aber wirklich den Kummer mit der Nummer (früher: Qual der Wahl), denn natürlich werden wir uns bis zum Herbst 2019 ein Jubiläumsprogramm ausgedacht haben, das sich gewaschen hat. Sensationen unter der Zirkuskuppel, sozusagen. Worüber überschwänglich zu informieren, freilich noch rechtzeitig geboten sein wird.

Otmar Klammer

 


 

editorial 2/2017

Tapfere Gitarristen

In uns gährt die Ahnung, dass wir keine Garantie für ein langes Gitarristenleben abgeben können. Ehre und Hochachtung also jenen Saitenvirtuosen, die es dennoch wagen, im Stockwerk vorstellig zu werden.
Binnen weniger Monate hat uns die Jazzgeschichtsschreibung gleich zwei persönlich sehr vertraute Weltmeister der Disziplin für immer gestrichen. Und das plötzlich und ganz gemein, fast böswillig.
John Abercrombie, einer der einflussreichsten Gitarristen der letzten vierzig Jahre, war erst vor einem guten Jahr zusammen mit seinem Kollegen Rudy Linka im Haus am Jakominiplatz. Und Larry Coryell, einer der wesentlichen Schrittmacher des Rockjazz und Meister an der Ovation-Gitarre, hätte mit seinem Trio sensationellerweise gar unsere diesjährige Herbstsaison eröffnen sollen. Vollmundig und mit breiter Brust haben wir das noch bei vielen unserer Frühjahrskonzerte dem Publikum versprochen.
Es wäre an dieser Stelle der Welten Fügung nun ohne Belang, ein wehmütig wortgewaltiges Bye Bye hinzuweinen, die unbarmherzige Jazzgeschichtsschreibung hat für solche Fälle keinen Nachsendeauftrag vorgesehen.
Stattdessen haben wir uns selbst ein paar Buchstaben der Jazzgeschichtsschreibung angeeignet und zu Fleiß einen Herbst voller Gitarristen zusammengestellt. Karl Ratzer, Christy Doran, Noël Akchoté, Kurt Rosenwinkel, Andrea Massaria und Ferenc Snetberger heißen die Tapferen. Und zum Drüberstreuen gibt’s bei den Shortcuts der Jazzwerkstatt Graz noch Valentin Hebel, Philipp Ossanna und Piotr Lipowicz sowie Emiliano Sampaio als Bonus im Portfolio.
Mit besonderem Frohmut erfüllt es uns aber, erstmals den glühenden Solisten und prägenden Stilisten Kurt Rosenwinkel begrüßen zu dürfen. Nice to meet you, Kört!
Und nach langen, langen Jahren konnten wir auch den berühmten, nylonbesaiteten Jazzgitarristen Ferenc Snetberger, ein Rom als Träger des ungarischen Verdienstordens (!), überreden, wieder bei uns vorbeizuschauen. „Aber zu Weihnachten muss er zu Hause sein“, ließ uns seine Managerin und Frau wissen. Ja eh!

Otmar Klammer

 


editorial 2/2017

Nekrolog

was im Moment in der Kunst so zusammengestorben wird, ist nicht mehr lustig. Fast schon jede Woche könnten wir einen Nachruf schreiben, wenn wir könnten. Seit sich vor nicht einmal einem Jahr der stets gut gelaunte Posaunist Johannes Bauer, der unserem Haus besonders eng verbunden war, sich nach krebsbedingt erbärmlichem Daseinsfinale in Asche auflöste, will die Sterberei nicht aufhören.

Unter den vielen Kreativgeistern sind viele gute Bekannte, Freunde gar und solche, die es noch hätten werden können. Gerade erst gestern sind uns wieder Ekkehard Jost, mit dem wir ein baldiges Konzert geplant hatten, und Meister Arthur Blythe einfach weggestorben.
Wir denken auch an Larry Coryell, mit dem wir unser Herbstprogramm eröffnen wollten, an Ernst M. Binder, dessen Weihnachtskonzert im Stockwerk zur Legende wurde, an Werner Fenz und seine Neugier, an den Kollegen Klaus Schulz, an den smarten Paul Smoker, an den lieben Marco Eneidi, an Dominic Duval, Häns'che Weiss, Jurij Kusnezow, Jaki Liebezeit, Christine Jones, den qualmenden Misha Mengelberg und an Karl Hodina, der noch immer Post von uns erwartet.
Dann an Victor Bailey und an Alphonse Mouzon, der uns einst unvergessliche Rede und Antwort stand. Und mit Bobby Hutcherson wollte wir auch noch etwas machen.
Fünf Etagen über dem Stockwerkjazz-Business wollen wir aber auch Al Jarreau noch ein paar Blumen streuen, den wir als den liebenswertesten Gesprächspartner in der ganzen mondänen Jazzwelt kennengelernt haben.
Und nicht zu vergessen: undundund! So viele auf hintereinander. Als wären sie um die Wette gestorben.
Andrerseits, so scheint es, trifft man manche lebende Bekannte überhaupt nur mehr in der Feuerhalle. Immerhin.

Warum diese morbiden Gedanken an einem Frühlingstag wie gestern? Nur dass wir wissen, dass wir noch nicht dazugehören?
Danke, uns geht es gut.

Otmar Klammer

Coda: Ich habe den Blues. Aber wer den Blues hat, hat auch den Trouble. Aber das ist nicht so schlimm, weil - ich hab ja den Blues. (Bert Stephan)

 


editorial 1/2017

Liebe Leute,

wir haben Sie gewarnt. Ein ganzes Vorwort haben wir zuletzt an dieser Stelle dafür geopfert. Jetzt oder nie, haben wir dann gesagt. Und da wir auch nach Monaten akribischer Suche nicht ein einziges Geschäft gefunden haben, in dem die Preise seit zwanzig (!) Jahren unverändert geblieben sind, genieren wir uns auch nicht, unsere Preispolitik einer soliden Überarbeitung zugeführt zu haben.
Schon unser hoch verehrter Albert Camus ließ uns dereinst einmal ausrichten, dass ab einem bestimmten Alter jeder Mensch selbst für sein Gesicht verantwortlich ist.
Wir haben auch ein Gesicht zu verlieren, immerhin haben wir Ihnen die Preiserhöhung letztens ja hoch und heilig versprochen, und überhaupt sind wir uns das schuldig. Denn wenn der Preis für ein Bier den eines Konzertes schon bald eingeholt hat, sollten ja doch die Kuhglocken läuten.
Wir müssen also auch unser Gesicht wahren. Nicht zuletzt sind auch die Gagen der Musiker heimlich, aber erklecklich gestiegen. Und überhaupt, das ganze Gefrett mit den Förderungen hüben und den steigenden Kosten drüben.
Nun kommen halt da und dort ein paar Euro zur Jazz-Kommunion dazu. Sie werden es kaum merken.
Dafür bekommen Sie bei uns auch Musiker von Rang und Namen zu sehen. Live und in Farbe!
Es kommt ja nicht von irgendwo, dass uns DownBeat nun schon zum fünften Mal in Folge unter die weltweit wichtigsten Adressen in Sachen Jazz gereiht hat. Das renommierteste, größte und älteste einschlägige Fachmagazin, das immerhin auch schon wieder in sein 84. (!) Erscheinungsjahr geht, would like to congratulate StockwerkJazz on being named one of the world´s top jazz venues for 2017. Das erfreuliche Briefchen aus Elmhurst/IL flatterte uns gerade recht zur Winterdepression ins Haus. Als ob wir es gewusst hätten.

Otmar Klammer


editorial 2/2016

Gedanken über Jazz und die Welt

Viele gegenwärtige Literaten, zumal die meisten jungen unter den Aufsteigern, haben zum Jazz ein ambivalentes bis gefrorenes Verhältnis. Das verstehen wir nicht.
Aus unseren schlaflosen Nächten sind uns nicht wenige Schreiber bekannt, die in ihren Romanen am Rande der Handlung nur auratische Pophelden wie James Morrison oder David Bowie hochleben lassen oder dunkle Episteln alternder Song-Ikonen an die Wand malen. Jazz scheint da bestenfalls nur als Tapete für Wohnungen fremder Gestalten vorzukommen. Oder als Reminiszenz an den Vater.
Täuschen wir uns da? Oder lesen wir einfach nur zu viel aus der Dichterklasse der neuen Selbsttherapeuten?
Wie auch immer, wir haben uns nun eine Aufgabe gestellt. Eine Aufgabe, mit der wir hinkünftig diesen Programmfolder um Gedanken erweitern wollen, die sich Schriftsteller oder Dichter in unserer persönlichen Reichweite über Jazz und die Welt machen. Also auch über uns.
Fürderhin bitten wir also handverlesene ehrenwerte Vertreter der Zunft, uns mit epischen oder lyrischen Wortspenden zum Jazz im Allgemeinen oder zum Stockwerk Graz im Besonderen zu versorgen. Unter Umständen darf es auch ein Dramoletterl sein.
Das kann ganz schön lustig werden, immerhin waren unserer Mission in den letzten 22 Jahren schon so manche bekannte Wortschmiede sehr gewogen, zumindest schließen wir das aus ihren wiederholten Konzert- und Trinkbesuchen. Leider haben uns auch manche nicht mehr erlebt.
Wir beginnen diese versprochene Erfolgsreihe nun mit Fiston Mwanza, dem preisgekrönten und biologisch wortfesten ehemaligen Grazer Stadtschreiber, der vielen noch von der deutschen Uraufführung seines Theaterstückes "Gott ist ein Deutscher" in Graz (2011) in Erinnerung sein mag und der nun am Sprung zu einer ganz großen Karriere ist. Noch konnten wir uns seine Worte also gerade noch leisten.
Als Lieferant für unsere nächste Ausgabe (Herbst 2016) haben wir schon die Zusage des deutschen Sprachwaldförsters Ulrich Schlotmann (Die Freuden der Jagd), dem residierenden Grazer Stadtschreiber, in der Tasche.
Wir sind gespannt. Und der Tag ist gerettet.

Otmar Klammer